Weissrussland (Belarus) ist nicht gerade ein klassisches Reiseziel für mitteleuropäische Entomologen. Abgelegen, politisch fragwürdig, touristisch wenig ergiebig und im Westen am ehesten noch mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in Verbindung gebracht, findet man nicht viele Kollegen, die schon einmal dort waren. Dabei hat das Land für Schmetterlingskundler durchaus einiges zu bieten.
Erfreulicherweise hat der administrative Aufwand für die Reise nach Weissrussland drastisch abgenommen. Für Aufenthalte bis fünf Tage ist nun kein Visum mehr notwendig, jedenfalls bei Einreise über den Minsker Flughafen. Dorthin gibt es auch einige Direktverbindungen ab Genf, was die Anreise erleichtert.
Aus privaten Gründen war ich schon mehrfach in die Hauptstadt Minsk gefahren, jedoch immer in der kalten Jahreszeit. Im vergangenen Juni ergab sich erstmals eine Gelegenheit, im Sommer hinzureisen und dabei einen Blick auf die Schmetterlingsfauna zu werfen. Dank freundlicher Unterstützung durch den einheimischen Experten Dr. Anatoli Kulak konnte ich ein fast unberührtes, mehrere Quadratkilometer grosses Hochmoor sowie ein Waldgebiet nahe Minsk erkunden. Ausbeute waren mehrere interessante Arten mit Verbreitungsschwerpunkt in Ost- und Nordeuropa, darunter der Grosse Eisvogel, Limenitis populi (Titelbild), und der Augenfalter Oeneis jutta.