Chlus Schwarzenmatt: Sommerexkursion in den Berner Alpen

Das Simmental und insbesondere die Chlus Schwarzenmatt oberhalb von Reidenbach zählen mit zu den an Insekten artenreichsten Gebieten der Nordalpen. Auch botanisch, ornithologisch und herpetologisch hat die Region Bemerkenswertes zu bieten, so übersommern in der Felsarena gelegentlich Gänsegeier, selten auch einmal ein Mönchsgeier oder Schlangenadler – letztere finden in den Kalkhalden der Stockhornkette einen reich gedeckten Tisch.

Entomologisch ist bereits ein Hauch des Südens zu verspüren, einige Arten stossen hier an ihre Nordgrenze bzw. sind durch südliche Unterarten vertreten.
Fotograf:innen, Naturinteressierte und Entomolog:innen kommen – gutes Wetter vorausgesetzt – auf ihre Rechnung! Vorgewarnt seien sie jedoch alle: die Voralpen sind berüchtigt für ihre Quellwolken.

Organisatorisches

Datum: Samstag, 24. Juni 2023

Treffpunkt: Bahnhof Boltigen, Samstag 10:00 Uhr

Optional: Verlängerung bis Sonntag, 25. Juni (nach Absprache). Als Unterkunft wäre etwa das Hotel «Simmental» in Boltigen (https://www.hotel-simmental.ch) geeignet. Unterkunft bei Bedarf bitte selbster reservieren.

Anmeldung: Bitte bis 17. Juni an den Sekretär Martin Albrecht für Koordination von Mitfahrgelegenheiten.

Anreise: Mit öffentlichen Verkehr (mit RE ab Bern 8:39, Boltigen an 9:48 direkt oder mit IC ab Bern 9:04, Boltigen an 10:10 mit Umsteigen in Spiez) oder mit dem Auto bis zum Bahnhof Boltigen. Anschliessend Verschiebung mit Privatautos ins Exkursionsgebiet.

Einladung an die Mitglieder per E-Mail folgt. Gäste sind willkommen!


Beitragsbild: Lebensraum bei Chlus Schwarzenmatt in der Gemeinde Boltigen, aufgenommen am 24. Juni 2012. CC-BY-SA-4.0 Bernhard Jost, Münsingen, Schweiz.

Wie überqueren alpine Tagfalter eine Strasse?

Vortrag von Andrea Grill, Wien

Für flugfähige Insekten wie alpine Tagfalter der Gattung Erebia sollte ein flacher Streifen Asphalt eigentlich kein Hindernis darstellen. Oder doch? Im Vortrag werden die Auswirkungen einer Strasse im alpinen Lebensraum auf das Verhalten dieser artenreichen Tagfaltergruppe dargestellt und Möglichkeiten skizziert, wie den Insekten das Zusammenleben mit den Menschen im alpinen Raum etwas erleichtert werden könnte.


Beitragsbild: Für alpine Tagfalter wie den Arten der Gattung Erebia sind Asphaltstrassen bereits ein Hindernis. CC BY-SA 3.0 Otberg, Wikipedia.

Schmetterlings- und Gletscher-«Mekka» Zermatt

Vortrag von Richard Wolf, Fribourg, und Hermann Gerber, Venthône

Richard Wolf dokumentiert die Gletschergeschichte der letzten Eis- und Nacheiszeit im Grossraum Zermatt und das aktuelle Gletschersterben infolge der Klimaerwärmung. Hermann Gerber berichtet mit einmaligen Bildern von seinen jahrzehntelangen Beobachtungen und Zuchten hochalpiner Bärenspinner, wie Matterhornbär (Holoarctia cervini), Gletscherbär (Grammia quenseli) und Engadiner Bär (Arctia flavia).

Haben diese Arten bei Zermatt die letzte Eiszeit auf eisfreien Berggipfeln (Nunataker) überlebt oder sind sie nachträglich wieder eingewandert, wie die meisten anderen Schmetterlinge? Welche dieser Glazialrelikte werden überleben, welche werden aussterben?

Gäste willkommen!


Beitragsbild: Matterhornbär (Holoarctia cervini cervini) bei der Paarung, aufgenommen am Gornergrat oberhalb Zermatt. CC-BY-SA 4.0 Hermann Gerber, Venthône, Schweiz.

Protokoll der Sitzung vom 6.5.2019

Entomologisches

Vortrag von Peter Huemer, Tiroler Landesmuseen, Innsbruck
Gut bekannt oder unbenannt? Alpenschmetterlinge im Zeitalter des DNA-Barcodings

Herr Huemer erwähnt zunächst als Eckpunkt die Fläche des Alpenraums mit 200’000 km2, auf welcher 5’000 Schmetterlingsarten vorkommen. Die Idee des Barcodings ist, die morphologisch oft schwer unterscheidbaren Arten auf Basis genetischer Unterschiede zu bestimmen. Dies, indem mit dem Barcoding eine «objektive/messbare» Methode herangezogen wird. Damit kann man 97% der Arten zuordnen. Das Hauptziel des Barcodings ist eine Unterscheidung auf genetischer Basis unter Heranziehung einer Vergleichsdatenbank. Dies kann auch den akute Expertenmangel bei vielen Gruppen zumindest teilweise ausgegleichen. Ferner können kryptische Arten erkannt werden, aber auch Präimaginalstadien und es können Körperteile oder Kotproben zugeordnet werden.

Die Methodik beruht auf der Untersuchung der mtDNA (COI-Gen), wobei für den Barcode 658 Basenpaare herangezogen werden. Sammlungen sind wichtige Quellen von Untersuchungsmaterial.Die Daten werden in einer zentralen Datenbank in Guelph (Kanada) gesammelt (BOLD). In den meisten Fällen ist die intraspezifische Variabilität sehr viel geringer als die interspezifische was die hohe Zuverlässigkeit der Methode belegt. Allerdings bestätigen Ausnahmen die Regel. So gibt es Arten mit unterschiedlicher Morphologie, aber identischem Barcode (sog. Barcode Sharing). Wenige Arten zeigen eine grosse intraspezifische Variabilität.

Konsequenzen aus der Anwendung des Barcodings sind auch Anpassungen bei Systematik und Nomenklatur. So entdekte man z.B. einige Synonymien und man konnte viele unbeschriebene Arten identifizieren. Die Einstufung als Unterart oder Art ist jedoch subjektiv. Die Methode lieferte auch wesentliche Erkenntnisse zur Faunistik. Zur Erhöhung der Genauigkeit der Methode können weitere Gene oder das Gesamtgenom herangezogen werden.

Auf den Vortrag folgt eine lebhafte Diskussion.

Geschäftliches

Die Sitzung findet aus organisatorischen Gründen ausnahmsweise an einem Montag statt.

Der Präsident informiert die Anwesenden über den Tod von Hans Rudolf Niklaus welcher im vergangenen Februar nach längerer Krankheit verstorben ist.

Anwesende

23 Mitglieder, 3 Gäste, Total 26 Personen

Schluss der Sitzung

21:20 Uhr, der Sekretär, Martin Albrecht

Gut bekannt oder unbenannt? Alpenschmetterlinge im Zeitalter des DNA-Barcodings

ACHTUNG: Die Veranstaltung findet ausnahmsweise an einem Montag statt!

Vortrag von Peter Huemer, Tiroler Landesmuseen, Innsbruck

Schmetterlinge sind mit mehr als 5000 Arten eine der vielfältigsten Tiergruppen im Alpenraum. Sie werden hier seit etwa 250 Jahren erfasst und katalogisiert und gelten daher weitum als hervorragend untersucht. Die zunehmende Anwendung molekularer Methoden in den letzten Jahren, eingebettet in ein globales Datennetzwerk, zeigt jedoch erstaunliche Lücken auf. Integrative Studien führen zu einer taxonomischen Neubewertung in vielen Gattungen der Alpenschmetterlinge. Unter dem Zauberwort der kryptischen Diversität werden heute mitten in Europa neue, namenlose Arten entdeckt und beschrieben.

Gäste sind willkommen!


Bild: Weibchen des Langhornfalters Nemophora degeerella / scopolii. Bei dieser Art wurde kürzlich festgestellt, dass sich in Tat und Wahrheit zwei Arten unter demselben Namen verbergen. CC-BY-SA-4.0 Peter Buchner, Schwarzau am Steinfeld, Österreich